Schüsse auf das Residenzschloss

Das 'Revolutiönchen' von Karlsruhe

Die Randale eines betrunkenen Soldaten hat die Flucht des Großherzogs aus der Stadt zur Folge.

Am 11. November unterzeichnet der Zentrumspolitiker Matthias Erzberger für das Deutsche Reich den Waffenstillstand mit Frankreich und Großbritannien. Damit ist der Krieg offiziell beendet. Während andernorts die Waffen bereits schweigen, wird Karlsruhe an diesem Tag durch Schüsse aufgeschreckt. Die Gerüchteküche brodelt: Ist eine Gegenrevolution im Gang? Wollen radikale Revolutionäre nun doch noch zur Gewalt greifen? Nein, es handelt sich nur um ein unkoordiniertes ‚Revolutiönchen‘. In zunehmend alkoholisiertem Zustand ist der Karlsruher Soldat Heinrich Klumpp mit einigen Kameraden zunächst durch die Kneipen und dann vor das Schloss gezogen. Anscheinend hat er die Behauptung aufgeschnappt, dass der Großherzog Truppen zusammenstelle, um den Demokratisierungsprozess zu stoppen. Klumpp möchte den Monarchen deshalb zur Rede stellen. Als man dem Betrunkenen den Zutritt zum Schloss verwehrt, beginnt er auf das Gebäude zu schießen. Die Schüsse durchschlagen mehrere Fensterscheiben und beschädigen Gemälde, verletzt wird niemand. Aus Angst vor weiteren Angriffen flieht der Großherzog mit seiner Familie noch in der Nacht auf seinen Landsitz in Zwingenberg am Neckar. (as/ll)